Wichtige Hilfsmittel beim ökologischen Bauen und Sanieren sind Standards und Labels. Sie unterstützen Sie dabei, Ihr Projekt zu systematisieren und potenziell Fördergelder zu erhalten. Doch wer in der Schweiz nachhaltig bauen oder renovieren will, wird mit einer Palette diverser Labels von unterschiedlichen Vereinen und Organisationen konfrontiert. Manch einer fühlt sich von dieser Vielfalt überfordert. Die gute Nachricht ist: Dank des breiten Angebots lässt sich heute für fast jedes Projekt das geeignete Label finden.
Mit diesem Artikel verschaffen Sie sich einen Überblick und lernen die aktuell wichtigsten Zertifizierungen für Ihr Renditeobjekt kennen. Darüber hinaus erfahren Sie, welches Label für welche Art von Sanierung sinnvoll ist und angestrebt werden sollte.
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Wie definiert man eigentlich Nachhaltigkeit für Gebäude? Es gibt unterschiedliche Ansätze für die Beurteilung der Nachhaltigkeit eines Gebäudes. Aus diesem Grund gibt es sehr viele Labels, welche sich diesem Thema annehmen. Dabei haben sie jeweils einen leicht anderen Fokus. Manche Labels bewerten die Nachhaltigkeitskriterien ausschliesslich gestützt auf wenige Kernkriterien zur Klimafreundlichkeit. Andere beziehen zum Beispiel auch soziale und geopolitische Kriterien mit ein. Grundsätzlich helfen Ihnen Zertifizierungen dabei, bei Ihrem energetischen Bau- oder Sanierungsprojekt Orientierung zu geben. Ein Kriterienkatalog kann Ihnen helfen, Ihr Vorhaben zielgerichtet umzusetzen und zu monitoren. Zudem werden Nachhaltigkeitszertifizierungen häufig mit Steuervergünstigungen oder Subventionen gefördert. Zudem können Sie den Mietpreis anpassen – und das dank der niedrigeren Nebenkosten ohne Konsequenzen für Ihre Mieterinnnen und Mieter. In diesem Artikel fokussieren wir uns auf fünf Labels, die in der Schweiz relevant sind und häufig eingesetzt werden: LEED, DGNB, Minergie, GEAK und SNBS.
GEAK – der Gebäudeenergieausweis der Schweizer Kantone
Der GEAK ist der Gebäudeenergieausweis der Schweizer Kantone und damit landesweit einheitlich. Er zertifiziert die Energieeffizienz der Gebäudehülle sowie die Gesamtenergieeffizienz und liefert damit die Basis für mögliche Sanierungsentscheide sowie auch für einen allfälligen Fördergeld-Antrag.
Beim GEAK werden im Unterschied zu den obengenannten Labels nicht nur vorbildliche Bauten zertifiziert, vielmehr funktioniert er als Etikette für Energieeffizienz in Form eines Ampelsystems. Diese wird anhand der Gebäudehülle und der Gesamtenergieeffizienz in sieben Energieklassen von A bis G bewertet:
A: Hervorragend Wärmedämmung und hocheffiziente Gebäudetechnik
B: Thermische Gebäudehülle sowie Gebäudetechnik mit Neubaustandard
C: Altbauten mit umfassender erneuerter Gebäudehülle und umfassender Gebäudetechnik
D: Umfassend gedämmter Altbau mit Wärmebrücken und nur weitgehende Sanierung
E: Altbau mit verbesserter Wärmedämmung und Teilsanierung
F: Teilweise gedämmter Bau mit einzelnen neuen Komponenten
G: Altbau ohne Dämmung und veralteter Gebäudetechnik
Auf vier Seiten enthält der von einem zertifizierten Experten verfasste Bericht die wichtigsten Informationen zum untersuchten Gebäude und kann so beispielsweise ein Minergie-Label ergänzen. Je nach Komplexität des zu analysierenden Baus sind die Kosten, die von den Experten verrechnet werden, unterschiedlich. Es wird aber vom Verein GEAK selbst empfohlen, mehrere Offerten bei unterschiedlichen Expertinnen und Experten einzuholen. Zudem unterstützen die meisten Kantone und auch einige Gemeinden die Erstellung mit Förderbeiträgen.
Als Weiterentwicklung des klassischen GEAK bietet ein sogenannter GEAK Plus zudem konkrete Empfehlungen, wie die Energieeffizienz eines Hauses gesteigert werden kann. Ebenso können Sie bei einem geplanten Bau einen GEAK erstellen lassen. Dieser hält die Energieeffizienz aufgrund der Planungswerte provisorisch fest.
Minergie – der höchste Energiestandard der Schweiz für Häuser
Minergie ist der höchste Energiestandard in der Schweiz für Niedrigenergiehäuser, also für Gebäude, die aufgrund ihrer hohen Wärmedämmung und spezieller Bauweise in der Regel keine klassische Gebäudeheizung benötigen und somit sehr energieeffizient sind. Der Minergie-Standard ist ein schweizweit genutztes Label, das als Marke von Wirtschaft, Bund und Kantonen getragen wird. Er eignet sich für jegliche Arten von Bauten – gerade auch Ein- oder Mehrfamilienhäuser.
In gewissen Kantonen erlaubt das Minergie-Zertifikat eine höhere Ausnützungsziffer: Im Kanton Wallis wird sie dank des Zertifikats beispielsweise 15 Prozent gesteigert. So kann bei einem geplanten Mehrfamilienhaus eine Wohnung mehr gebaut und der Wert der Immobilie gesteigert werden.
Minergie unterscheidet in der Zertifizierung zwischen den unterschiedlichen Etappen eines Bauvorhabens. Entsprechend werden unterschiedliche Minergie-Labels vergeben:
Planung und Projektierung:
Minergie: der Baustandard für überdurchschnittliche Energieeffizienz
Minergie-P: das Zertifikat für Niedrigstenergie-Bauten
Minergie-A: das Label für Bauten mit höherer energetischer Unabhängigkeit dank Eigenproduktion
Minergie-Eco: die Ergänzung der oberen drei Minergie-Baustandards mit den Aspekten Gesundheit und Bauökologie
Realisierung:
MQS Bau: das Qualitätssiegel für den Bauprozess und die Minergie-relevanten-Bauteile
Realisierung:
MQS Betrieb: das Label für die Energieeffizienz eines bestehenden Gebäudes
In der gesamten Schweiz vergeben eigene kantonale oder regionale Zertifizierungsstellen das Minergie-Label. Alle Informationen finden sich auf minergie.ch.
SNBS – das Zertifikat für positive Wirkung auf Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft
Der Standard «Nachhaltiges Bauen Schweiz» – kurz SNBS – ist ein Zertifikat zum Bewerten der Nachhaltigkeit von Gebäuden. Er wird in der Regel für grössere Wohngebäude, öffentliche Bauten, Büro- und Bildungsgebäude eingesetzt – sowohl für Neubauten als auch für bestehende Gebäude. SNBS beurteilt einen Bau anhand eines Sets von 45 Indikatoren, welche die drei Bereiche der Nachhaltigkeit abdecken:
Gesellschaft: dazu gehören unter anderem Planung, Diversität, Nutzung oder Gesundheit
Wirtschaft: hier werden Kosten, Ertragspotenzial oder auch regionalökonomische Faktoren bewertet
Umwelt: umfasst z.B. die Beurteilung von Energieeffizienz, Emissionen, Ressourcenschonung oder Naturschutz
Die Zertifizierung nach SNBS kostet schon für Gebäude mit einer Fläche von weniger als 5000 Quadratmeter 16 500 Franken. Die Kosten können sich um mehrere Tausend Franken reduzieren, wenn ein Haus bereits einer der oben erwähnten Minergie-Standards besitzt. Zusätzlich werden SNBS-zertifiziert Bauprojekte möglicherweise kantonal oder auf Bundesebene mit Fördergeldern unterstützt.
DGNB – das Deutsche Label für den gesamten Lebenszyklus
Das Label «DGNB» basiert auf Kriterien, die von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) entwickelt wurden – daher der Name. Der Standard wird mittlerweile weltweit in über 30 Ländern für grössere Bauvorhaben, wie Mehrfamilienhäuser oder betrieblich genutzte Bauten eingesetzt. Das DGNB-Zertifikat fusst auf einem ganzheitlichen Ansatz, der im gesamten Lebenszyklus von Gebäuden zur Anwendung kommt:
Beim Neubau
Bei der Sanierung
Bei einem Gebäude im Betrieb
Beim Rückbau
Und auch bei der Baustelle
Bei Neubauten und Sanierungen wird anhand der folgenden sechs Kriterien gemessen, ob ein DGNB-Zertifikat verliehen werden kann:
Ökologische Qualität: dazu gehört beispielsweise die Ökobilanz des Gebäudes oder Risiken für die lokale Umwelt
Ökonomische Qualität: Hier werden unter anderem Flexibilität und Umnutzungsfähigkeit bewertet
Soziokulturelle und funktionale Qualität: Diese Kriterien umfassen wesentliche Aspekte der Funktionalität, des Komforts und gesundheitlicher Faktoren
Technische Qualität: Diese Kriterien sind der Massstab für die Bewertung der technischen Umsetzung z.B. des Schallschutzes oder der Rückbaufreundlichkeit
Prozessqualität: Bei der Prozessqualität werden die Planung und Umsetzung des Baus bewertet
Standortqualität: Hierbei wird die Wechselwirkung von Standort und Umgebung beurteilt.
Das DGNB-Label wird in den Qualitätsstufen Platin, Gold, Silber und Bronze vergeben, wobei Bronze für Neubauten nicht zur Anwendung kommt. In der Schweiz sind über 6500 Gebäude DGNB-zertifiziert oder zurzeit in Zertifizierung. Die Zertifizierung erfolgt durch die Schweizer Gesellschaft für nachhaltige Immobilienwirtschaft.
LEED – das bekannteste internationale Label
Das Akronym LEED steht für Leadership in Energy and Environmental Design und ist ursprünglich ein U.S.-amerikanisches Gebäudelabel. LEED spielt international und somit auch in der Schweiz eine zunehmend wichtige Rolle, speziell bei Neubau- und Sanierungsprojekten von Unternehmen mit internationaler Ausrichtung.
Für eine LEED-Zertifizierung müssen Gebäude in zahlreichen Bereichen bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehören unter anderem:
Integrative Konzeption des Gesamtprojekts
Energie
Wasser
Abfall
Baumaterialien
Standort und Transport zur Baustelle
Nachhaltige Umgebung
Gesundheit und
Regionaler Einfluss
Innovation
Je nachdem wie das Gebäude bei der Prüfung durch eine unabhängige Institution in Bezug auf die erwähnten Kriterien abschneidet, erhält es eine Anzahl Punkte. Maximal können 110 Punkte erreicht werden. Die Gesamtpunktzahl entscheidet darüber, welche Stufe der Zertifizierung für die Immobilie erzielt wurde. Dabei gibt es vier Stufen:
Platin: von 80 bis 110 Punkten
Gold: von 60 bis 79 Punkten
Silber: von 50 bis 59 Punkten
Zertifiziert: von 40 bis 49 Punkten
In der Schweiz fungiert der Verein Green Building Switzerland offizieller nationaler Ansprechpartner für die LEED-Zertifizierung.
So behalten Sie den Durchblick im Zertifikate-Dschungel
Wenn Sie nach dem passenden Zertifikat für Ihr Projekt suchen, empfiehlt es sich zuerst zu klären, welchen Zweck das Label erfüllen soll. Unterschiedliche Zertifikate decken unterschiedliche Bereiche der Nachhaltigkeit ab und sind für unterschiedliche Arten von Bauten sinnvoll. Internationale Labels eignen sich für Gebäude mit internationaler Ausstrahlung.
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