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Eigenmietwert: So berechnet sich die Steuer aufs Eigenheim

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08.09.2021 | 3 Minuten

Es ist wohl eine der umstrittensten Steuern der Schweiz: Die Besteuerung des Eigenmietwerts als Einkommen. Die Frage tangiert alle, die Immobilien besitzen und selbst nutzen. Wie wird die Steuer berechnet? Wie unterscheiden sie sich in den Kantonen? Und wie stehen die Chancen, dass der Eigenmietwert abgeschafft wird?

Was ist der Eigenmietwert?

Der Eigenmietwert ist ein rein fiktives Einkommen. Für viele Leute ist dieses System bis heute schwer nachvollziehbar. Ein «Einkommen» versteuern, von dem die steuerpflichtige Person nie einen Franken gesehen hat? Wie kann das rechtens sein?

Nach dem Schweizer Steuerrecht ist der Begriff Einkommen sehr weit gefasst. So unterliegen nicht nur Einkünfte in bar der Besteuerung, sondern auch ein Naturaleinkommen. Im Fall von selbstbewohntem Eigentum bedeutet das: Der Eigentümer versteuert den Nutzen, den er daraus zieht, eine Immobilie zu besitzen. Die Höhe der Steuer richtet sich nach dem Mietertrag, der durch eine Vermietung an Dritte durch ein vergleichbares Objekt erzielt werden könnte.

Der Eigenmietwert hat eine lange Tradition. Die Behörden haben in Krisenjahren wie 1915 und in den Jahren des Zweiten Weltkriegs solche Abgaben eingeführt. So war der Eigenmietwert ursprünglich eine Krisen- und Kriegssteuer. 1958 wurde die Besteuerung des Eigenmietwertes ins ordentliche Recht überführt.

Wie erfolgt die Berechnung des Eigenmietwerts in den Kantonen?

Eigenmietwert in Zürich

Nehmen wir als Beispiel das Ehepaar Schweizer aus dem Kanton Zürich: Sie erzielen ein steuerbares Einkommen von 130 000 Franken. Vor zehn Jahren haben sie in Wald ein älteres Einfamilienhaus für 1 Million Franken gekauft. Im Fallbeispiel gehen wir daher der Einfachheit wegen davon aus, dass der Kaufpreis vor 10 Jahren und der Steuerwert identisch sind.

Im Kanton Zürich wird der Eigenmietwert wie folgt berechnet:
Eigenmietwert = 3,5 Prozent des Land- und Zeitbauwertes = 35 000 Franken.
Die Zürcher Steuerbehörden wenden für Einfamilienhäuser die Formel 3,5 Prozent des Land- und Zeitbauwertes an. Bei Eigentumswohnungen liegt der Prozentwert bei 4,25 Prozent.
Die Rechnung ist schnell gemacht: Der Eigenmietwert wird zum Erwerbseinkommen addiert. Familie Schweizer muss ein Einkommen von total 165 000 Franken versteuern.
Bleibt die Frage, was mit Land- und Zeitbauwert gemeint ist. Vereinfacht gesagt: Der Kanton ermittelt den Landwert nach der Standortgemeinde und Lageklasse. Der Zeitbauwert entspricht den Neubaukosten minus Altersentwertung der Liegenschaft.
Die Zürcher Steuerbehörde ermittelt die Landwerte aufgrund von Zahlen und einer Weisung aus dem Jahr 2009. Der Zeitbauwert orientiert sich vor allem an den Neubaukosten, die mit der Bauteuerung indexiert sind, abzüglich Alterung des Gebäudes.

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Eigenmietwert in anderen Kantonen

Die meisten Kantone wenden ähnliche Verfahren an wie der Kanton Zürich. Ausgangslage sind einheitliche kantonale Liegenschaftsschätzungen. Jeder Kanton kennt eigene Begriffe dafür (z. Bsp. «Steuerwert», «Katasterschätzwert», «Güterschätzwert», «Zeitbauwert», «amtlicher Wert»). Während die Zürcher Methode statisch der definierten Formel folgt, ergänzt zum Beispiel der Kanton Bern die Einschätzungen mit aktuellen Daten aus der Mietzinsstatistik. Im Wesentlichen sind für die ganze Schweiz folgende drei Ansätze zu unterscheiden:

  • Ein Teil der Kantone wendet ein standardisiertes Verfahren wie der Kanton Zürich an (Verfahren nach einer bestimmten Formel).
  • Andere Kantone verfügen über eigene Schätzungsabteilungen, die sämtliche Liegenschaften periodisch einschätzen.
  • Manche Kantone ziehen Vergleichsmieten als Grundlage bei. Oder die Behörden kombinieren Formelwerte mit periodisch aktualisierten Marktmieten.
Blick auf die Altstadt von Bern.
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Die amtlichen Schätzungen richten sich nach den Besonderheiten der Liegenschaften: Ganz wesentlich ist die Lage, dann die Wohnfläche, das Alter, der Ausbaustandard, die Bauweise und der Umschwung.

Periodische Anpassungen des Eigenmietwerts

Bis jetzt haben viele Kantone die Berechnungsgrundlagen und damit die Eigenmietwerte nur in grösseren Zeitabständen der aktuellen Lage angepasst. Im Zuge steigender Immobilienpreise bzw. Marktmieten steigt der Druck auf die Kantone, die Eigenmietwerte anzuheben. Das Bundesgericht schreibt vor, dass der Eigenmietwert mindestens 60 Prozent der Marktmiete betragen muss. Dasselbe gilt für Zweit- und Ferienwohnungen, auch wenn diese nicht dauernd bewohnt werden. Die meisten Kantone streben Eigenmietwerte in einer Bandbreite von 60 bis 90 Prozent der Marktmieten an. Sie gewähren damit eine gewisse Reduktion.

Eigenmietwert im Kontext der Steuern

Hat dieses komplexe System nicht zur Konsequenz, dass Hauseigentümer mehr Steuern zahlen als Mieter? Das würde das Gebot der Gleichbehandlung verstossen. Dem ist aber nicht so: Denn gleichzeitig können die Besitzer eines Eigenheims diverse Abzüge geltend machen. Dazu zählen vor allem Hypothekarzinsen, werterhaltende Unterhaltsmassnahmen wie Maler- oder Spenglerarbeiten, Versicherungsprämien, Serviceabonnemente für Geräte, Ausgaben fürs Energiesparen und einiges mehr. Nur wertvermehrende Investitionen gelten insofern nicht als abziehbarer Gebäudeunterhalt.

Die meisten Eigentümer lassen sich daher bei Entscheiden zur Hypothek, zum Anteil an Fremdkapital und beim Gebäudeunterhalt von steuerlichen Überlegungen leiten. Vor allem bei höherer Steuerprogression macht es wenig Sinn, in einem schuldenfreien Haus zu wohnen. Wer den Gebäudeunterhalt ernst nimmt und über die Steuerjahre verteilt Geld für Renovationen ausgibt, wird die Last des Eigenmietswert oft reduzieren oder sogar ganz aufheben können.

Kann der Eigenmietwert überprüft werden?

Die Bewertungsregeln und auch die Vergleichszahlen der Behörden sind für Laien nicht ohne weiteres zugänglich. Oft steckt eine ebenso komplexe wie ausgefeilte Methode dahinter, die sich über Jahre weiterentwickelt hat. Es gilt aber der Grundsatz: Der Eigenmietwert hat sich an einem realistisch erzielbaren Mietertrag für ein bestimmtes Objekt zu orientieren.

Gehen wir noch einmal zurück zu Familie Schweizer: Nehmen wir an, wir hätten es an der gleichen Strasse mit fünf exakt gleichen Einfamilienhäusern zu tun. Drei davon wären vermietet. Schweizers hätten dann einen triftigen Grund, den Eigenmietwert anzufechten, wenn die objektiv belegten Vergleichsmieten deutlich tiefer liegen würden.

In der Praxis ist es aber oft eine hohe Hürde, Vergleichsobjekte zu finden. Typengleiche Häuser und Wohnungen sind in der Praxis selten. Oder dann scheitert es daran, dass die jeweiligen Eigentümer die Mieten nicht preisgeben. Für die Praxis gilt: Einsprachen gegenüber den amtlich ermittelten Eigenmietwerten haben oft einen schweren Stand.

Ein Kind spielt mit einem Plüschtier in seinem Kinderzimmer
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Trotzdem kann es sich lohnen, die auf dem Steuerformular ausgewiesenen Eigenmietwerte zu hinterfragen. Vor allem in den grossen Kantonen müssen die Behörden Hunderttausende von Liegenschaften einschätzen. Da können immer wieder Fehler passieren. Vielleicht unterlief der Behörde ein Irrtum bei nachträglichen Änderungen, bei den Ausmassen des Grundstücks oder den Wohnflächen. Es lohnt sich, die Details zu prüfen. Je nach Kanton ist eine Reduktion möglich, wenn das Haus stark unterbelegt ist (zum Beispiel nach dem Auszug der Kinder). Die Praxis hängt wiederum von den Regeln im einzelnen Kanton ab. Die Behörde wird den so genannten «Unternutzungsabzug» nicht ohne weiteres akzeptieren, vor allem wenn Zimmer nach wie vor als Abstellraum, als Hobby- oder Bastelzimmer nutzbar sind.

Wird der Eigenmietwert abgeschafft?

Im Jahr 2017 kam Bewegung in die Diskussion um den umstrittenen Eigenmietwert. Die Kommission Wirtschaft und Abgaben des Ständerates brachte eine parlamentarische Initiative ein. Das Ziel eines grundlegenden Systemwechsels und einer Abschaffung stiess zunächst auf grosse Akzeptanz.

Die Besteuerung des Eigenmietwertes für den Erstwohnsitz sollte sowohl bei der Bundessteuer als auch bei den Kantonen fallen. Als Konzession an die Tourismusregionen und Bergkantone würde der Eigenmietwert aber weiter auf Zweitwohnungen bzw. Ferienimmobilien Anwendung finden. Als mehrheitsfähig schien auch eine gewisse Wohneigentumsförderung; konkret sollten Ersterwerber befristet und in beschränkten Umfang Hypothekarzinsen abziehen können. Doch in weiteren Details kristallisierte sich bis heute kein Konsens heraus. Das gilt für die Frage von Abzügen für Gebäudeunterhalt und erst recht für die Abzüge von Hypothekarzinsen.

Ausblick: So geht es mit dem Eigenmietwert weiter

Im ersten Halbjahr 2021 hat die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) erneut über das Dossier beraten. In wesentlichen Fragen ist derzeit kein Konsens in Sicht, etwa bei den Schuldzinsabzügen, die künftig noch zulässig sein sollen.

Die Mehrheit der Kommission verständigte sich zum einen auf die Abschaffung des Eigenmietwerts, forderte aber zum anderen die vollständige Streichung von Schuldzinsabzügen. Gemäss diesem Vorschlag könnten dann höchstens noch Ersterwerber von Wohneigentum in kleinem Umfang und für eine befristete Zeit Hypothekarzinsen abziehen. Für alle anderen gäbe es gar keinen Schuldzinsabzug mehr, auch nicht für Private mit Ferienwohnungen oder für Eigentümer mit vermieteten Wohnungen.

Die letzten Stellungnahmen seitens des Bundesrates im August 2021 und der zuständigen Kommission im Ständerat zeigen, dass die Meinungen nach wie vor weit auseinander gehen. So gibt es weder beim künftigen Schuldzinsabzug einen Konsens noch bei der Frage, ob der Eigenmietwert auch für Ferienimmobilien abgeschafft werden soll.

Ob der Systemwechsel tatsächlich kommt, bleibt damit offen. Die parlamentarischen Beratungen und eine darauf möglicherweise folgende Volksabstimmung könnten sich noch weitere zwei oder drei Jahre hinziehen. Die Zukunft rund um die Thematik ist demnach noch ungewiss.


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